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O-Ringe für den Orbit


Wenn passionierte Nachwuchsingenieure dem Traum vom Weltall nachjagen, hilft Angst+Pfister gerne, diesen Realität werden zu lassen – ganz geerdet; mit viel technischer Erfahrung für Spezialwünsche. Um einen internationalen Raketen-Wettbewerb zu gewinnen, setzen die Studenten der Akademischen Raumfahrt Initiative Schweiz auf Dichtungen von Angst+Pfister.


Hoch hinaus will  ein  ambitioniertes Team von Studenten der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) – ganz in der Tradition der international renommierten Schweizer Bildungsstätte; nicht weniger als 21 Nobelpreisträger brachte sie hervor. Dorthin, wo die Luft richtig dünn wird, wollen die Studenten eine Hybridrakete zünden.
 

Schritt für Schritt in die Stratosphäre

ARIS» steht für die Akademische Raumfahrt Initiative Schweiz. Sie wurde 2017 von Studenten im Umfeld der ETHZ gegründet, nutzt auch das Knowhow der benachbarten Fachhochschulen in Zürich sowie Luzern und sucht den Schulterschluss mit der innovativen Schweizer Industrie. Dabei sehen die  Studenten  das  Weltall  als zukunftsträchtiges Betätigungs- und Geschäftsfeld. Mit ihrer Initiative wollen sie zudem bereits die nächste Generation inspirieren, nicht nur vom Weltall zu träumen. Bis 2029 will ARIS in der Lage sein, den Orbit zu erreichen – und diesen Plan Schritt  für  Schritt  verwirklichen. Als nächstes Etappenziel haben sich die Studenten einen Sieg beim Spaceport America Cup in New Mexico in den Kopf gesetzt, vorerst in der Kategorie  «30'000 ft» – dafür muss die Rakete möglichst genau 30'000 Fuss erreichen, rund 9'100 Meter.

Das Teilprojekt «Euler 2020» ist eine Hommage an den Schweizer Mathematiker Leonhard Euler, einer der brillantesten Köpfe des 18. Jahrhunderts. Während dieses Projekts sollen die 30'000 Fuss vorerst mit einem kommerziellen Triebwerk erreicht werden. Gleichzeitig arbeitet ein anderes Studenten-Team am Teilprojekt «Iride 2020», das ein eigenes Triebwerk erarbeitet und testet. Ein weiteres Studententeam wird dieses dann im Verlauf des Jahres 2021 in die Rakete einbauen und einen ersten Flug mit eigenem Triebwerk wagen. An Ambitionen fehlt es den Studenten also nicht.
 


Geteilte Leidenschaft für Technik

Bereits frühere Teilprojekte von ARIS hatten Produkte von Angst+Pfister verwendet. «Die Dichtungen sind enorm wichtig für das Triebwerk», erzählt ETHZ-Student Julius Wymann. «Wenn diese nicht funktionieren, kann es zu einem Leistungsverlust und zur Beschädigung des Systems führen. Deshalb brauchten wir spezielles und professionelles Knowhow, das über klassische Dichtungslösungen hinausgeht und klopften wieder bei Angst+Pfister an.»  Dort  trafen sie auf Yves Riedo, Senior Engineer Sealing Technology, der sich sofort von der Energie des Studententeams anstecken liess. Julius Wymann erzählt: «Wir  sind  fasziniert von Triebwerken und teilen diese Passion. Das Zusammenspiel von Kraft, Kontrolle und Eleganz lässt uns nicht mehr los – die Vibrationen eines Raketentriebwerks muss man erlebt haben.»

Doch die Studenten stiessen bei den Dichtungen an ihre Grenzen. «Die exakte Dimensionierung ist eine Wissenschaft für sich», weiss Julius Wymann. Vor allem bei der Dichtungsauslegung der Düse hätten sie Schwierigkeiten bekundet. Sie besteht aus Kupfer, das sich bei hohen Temperaturen stark ausdehnt. «Eine Dichtstelle für O-Ringe sieht einfach aus», sagt Yves Riedo. Die Platzverhältnisse, die exakte Verpressung des O-Rings und die wechselnden Aggregatszustände der Medien machen die Angelegenheit jedoch ziemlich komplex, wenn sich die Materialien unterschiedlich ausdehnen. «Die Auslegung der Nut – des Einbauraums für den O-Ring – und die Materialauswahl erfordern viel Knowhow und Erfahrung.»
 




 

«Die Auslegung der Nut – des Einbauraums für den O-Ring – und die Materialauswahl erfordern viel Knowhow und Erfahrung.»

Yves Riedo, Senior Engineer Sealing Technology, Angst+Pfister Group



Material für Höchstleistungen

Die Studenten benötigten zudem spezielle Materialien, die extremen Belastungen standhalten. Dafür griff Yves Riedo ins Schliessfach: «Wir verwendeten unter anderem Kalrez® für mehrere tausend Euro pro Kilogramm.» Das Material ermöglicht den Studenten, möglichst viele Tests durchzuführen – ohne dass sie den Antrieb danach jedes Mal auseinandernehmen müssen, um die Dichtungen zu ersetzen. «Um zu gewinnen, müssen sie schliesslich besser sein als die Konkurrenz», sagt Yves Riedo mit einem Zwinkern. Das Triebwerk verlangte ein ganzes Dichtungssystem aus 17 O-Ringen in sechs verschiedenen Dimensionen und einer Kombination von fünf unterschiedlichen Materialien. Abgedichtet werden mussten der Injektor zur Brennkammer, die Brennkammer zur Austrittsdüse, das Kühlsystem innerhalb der Düse mit den zugehörigen Anschlüssen am Gehäuse sowie die Verteilkammer und diverse Sensoren innerhalb des Injektors (siehe Grafik). Ausser dem genannten Kalrez® (FFKM) kamen zum Einsatz: ein Ethylen-Propylen- Dien-Elastomer (EPDM), ein Fluorelastomer (FKM) sowie ein Fluorelastomer (FKM) mit nahtloser FEP-Ummantelung (FEP-O-Seal®).

Das Triebwerk wird mit explosivem Oxidationsmittel betankt, das anschliessend erwärmt wird und damit rund siebzig Bar Druck erreicht. Im Betrieb treten dann sowohl kurzfristige Minustemperaturen im Injektor als auch Temperaturen bis 2800 Grad in der Brennkammer auf. Das Dichtungssystem wird also mit extremen chemisch- thermischen Belastungen konfrontiert und soll mehrmals prozesssicher funktionieren.

«Als Oxidationsmittel verwenden wir Lachgas, das mit Sorbitol verbrannt wird. Darin ist zudem Paraffin und Aluminium enthalten», erzählt der ETHZ-Student. «Mit dem gewählten Sondermaterial können wir die kupferne Austrittsdüse trotz der hohen Temperaturen und der erforderlichen Expansionslücke sauber abdichten. Die Dichtungen am Injektor erfüllen währenddessen die Anforderungen des Lachgases vollumfänglich.» Mit Blick nach New Mexico: Am Material soll’s nicht liegen...

Kalrez® ist eine DuPont™ Marke. Alle mit ® oder ™ gekennzeichneten Produkte sind markenrechtlich geschützt für DuPont de Nemours, Inc. oder eine ihrer Konzerngesellschaften. 

 

Das Triebwerk im Querschnitt
Links befindet sich die Injektorplatte für das flüssige Oxidationsmittel, das bei der Einspritzung zerstäubt wird und verdampft. Der Injektor muss dabei für beide Aggregatszustände abgedichtet werden. Das Oxidationsmittel reagiert anschliessend mit dem nach und nach verdampfenden Brennstoff (Grain) in der Brennkammer. Durch die Verbrennung des Gasgemischs entsteht Druck, der mit der kupfernen Lavaldüse in kinetische Energie transformiert wird. Dabei entsteht gemäss dem Rückstoss-Prinzip der Schub des Triebwerks.


 

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veröffentlicht: 12.02.2021, 16:13:00  von: Angst+Pfister Group