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«Entscheidend für das erfolgreiche Projekt war die enge Zusammenarbeit beider Entwicklungsabteilungen und mit dem Testfahrer.» Mario Eckel, Product Application Engineer, Angst+Pfister Deutschland |
«Beim allerersten Auftrag für BMW ging es uns darum, mit unserer Engineering-Kompetenz das Vertrauen dieses neuen Kunden zu gewinnen», erzählt Mario Eckel, Product Application Engineer bei Angst+Pfister in Deutschland. Gefragt war damals im Oktober 2017 ein sogenannter Gummi-Metall-Tilger – er sollte Störvibrationen am Lenker reduzieren. Diese werden durch die Gegengewichte an den beiden Aussenseiten des Lenkers verursacht.
Wenn es um Superlative geht
BMW stellt seit 1923 Motorräder her - 2018 wurden weltweit über 160’000 davon verkauft. Das Unternehmen steigert seinen Absatz seit Jahren. Zehn Jahre nachdem die erste Generation des «RR-Modells» die Motorradwelt in ihren Bann gezogen hatte, läutete der weltbekannte Motorradhersteller 2018 mit der «BMW S 1000 RR» den nächsten Level der Performance ein. Dabei wurde fast jedes Bauteil der «RR» überarbeitet – von der Front bis zum Heck. Ergebnis: Das Superbike der Superlativen. Dafür brauchte es folglich auch die Super-Gummi-Metall-Tilger für die Lenker. Die Ingenieure von Angst+Pfister waren also gefordert.
«Nach den ersten Treffen mit Ingenieuren von BMW realisierten wir rasch, dass wir nicht mit Standard-Büchsen aus unserem Katalog dienen konnten», so Mario Eckel. BMW forderte eine Axialsteifigkeit von 350 bis 500 N/mm. Nebst Engineering-Knowhow galt es, den neuen Kunden auch mit Entwicklungstempo zu überzeugen – bei höchsten Qualitätsansprüchen. BMW belieferte Angst+Pfister mit Daten und zwei Konzeptvorschlägen. Nach einem Brainstorming mit BMW entschieden sich die Angst+Pfister-Ingenieure für jenes Konzept, das Tilger in den Lenkerrohren vorsieht – die Gegengewichte werden mit einer Schraube am Tilger angebracht. Der Vorteil ist, dass Gegengewichte und Tilger getauscht werden können. Zudem ist es optisch ansprechend.
Anschliessend versorgte BMW Angst+Pfister mit einem Lastenheft, das die geforderten Spezifikationen enthielt. «Nach ersten Resultaten besprachen wir mit BMW einige Designanpassungen, damit für die ersten Prototypen mehrere unterschiedlich steife Buchsen verwendet werden konnten», erzählt Mario Eckel. Angst+Pfister hatte bereits Ende 2017 drei verschiedene Muster geliefert – mit unterschiedlichen Steifigkeiten und Gummis.
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Compounding für Sieger
BMW fokussierte zwar auf eine Variante, verlangte aber weitere Experimente und Verbesserungen betreffend die Gummimischung. «Da kamen wir auf unser Lieblingsthema Compounding», schwärmt Mario Eckel – und sah eine Steilvorlage für das Angst+Pfister-Team im hauseigenen Compounding-Labor. Dieses trat auf Vollgas und versorgte BMW erneut mit Tilgern. So konnte BMW auf verschiedene Materialien wie Natur- und Neoprenkautschuk in diversen Steifigkeiten für Tests auf dem Prüfstand und für Testfahrten auf einem Testgelände zugreifen. Gleichzeitig wurde das Serienwerkzeug in Auftrag gegeben, um die geplante Serieneinführung der Maschine nicht zu gefährden.
Die Ergebnisse auf dem Prüfstand passten, doch der Testfahrer wartete mit unerwartet kritischen Rückmeldungen auf. «Bei den Testfahrten traten unerwartete Vibrationen auf, die auf dem Prüfstand nicht entdeckt wurden. Dies führte zum Ausfall einiger Anbauten am Lenker», erinnert sich Mario Eckel. Nach einem Treffen mit dem Testfahrer und der nun vorhandenen Testresultate wiederholte das Angst+Pfister-Team die Finite-Element-Analyse und tastete sich an einen Tilger mit noch höherer Steifigkeit heran – so gelang beim zweiten Anlauf der Volltreffer, wie die nächsten Muster bewiesen.
Serienzeichnung setzt Standards
Vor der Serienfertigung erfolgten weitere Tests: Um eine hohe Lebensdauer zu garantierten, wurden die Lenker mit den neuen Büchsen auf einem Shaker-Tisch montiert. Das Material wird so an den kritischsten Stellen geprüft – während 72 Stunden bei 500 Hertz und 60 Grad Celsius. Dabei durfte die Frequenzabweichung maximal zehn Prozent betragen. Das schafften die neuen Tilger ohne Deformation oder Rissbildung. Beim axialen Ausreisstest erreichten sie perfekte Messwerte von über sechs Kilonewton. Die Prüfungen mit dazugehöriger Dokumentation wurde von Angst+Pfister übernommen. Im Oktober 2018 – gerade mal ein Jahr nach der Projektausschreibung – waren die Entwicklungspartner bereit für die Serienfertigung. Die Büchsen von Angst+Pfister erhielten die PPAP-Level-3-Freigabe – eine Bauteilmusterung nach Automobilstandards.
«Entscheidend für das erfolgreiche Projekt war die gemeinsame Definition der Anforderungen für das Bauteil sowie anschliessend die enge Zusammenarbeit beider Entwicklungsabteilungen und mit dem Testfahrer», weiss Mario Eckel. Die Serienzeichnung enthalte so viele Details, dass BMW sie auch bei anderen Motorradreihen zu Rate ziehen könne. Mit unserer Engineering-Leistung haben wir uns eine Pole-Position für die Rennmaschinen erarbeitet.» Angst+Pfister Deutschland ist bereits mit zwei Folgeaufträgen beschäftigt.
Die Gummi-Metall-Tilger von Angst+Pfister reduzieren Störvibrationen am Lenker.
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veröffentlicht: 27.10.2020, 09:06:00 von: Angst+Pfister Group